Post-Lockdown-Problem: Der Gastro gehen die Arbeitskräfte aus!

Beginnen wir diesen Text mit einer These: Trotz der monatelangen, unsicheren Zwangspause, haben Berliner Gastronom*innen bisher die Zeit des Lockdowns gut überstanden. Die Befürchtung, dass Restaurants, Bars & Co. reihenweise pleitegehen hat sich – bis auf wenige Ausnahmen – nicht erfüllt. Ob das nach dem Winter genauso aussieht, kann wohl niemand voraussehen.

Ganz im Gegenteil lief der Restart überaus bemerkenswert ab: Nach monatelangem Verzicht strömten die Berliner*innen in Massen in die Gastgärten, auf die Terrassen und in die Lokale unserer Stadt, auch die dort geltenden Regeln wurden größtenteils beachtet: Über Infektionsketten durch Gastrobesuche ist wenig, eigentlich gar nichts bekannt. Stattdessen: Jubel, Trubel, Heiterkeit bei Gastronom*innen, die endlich wieder Einnahmen erzielen.

Wobei sich ab Restart ein ernsthaftes Problem entwickelt hat, das sich nach und nach immer stärker zeigt. Kaum zu glauben, aber wahr: Die Gastronomie hat gerade ernsthafte Schwierigkeiten, ihre Jobs mit Menschen zu besetzen. Teilweise geht das Ganze so weit, dass Läden geschlossen bleiben müssen, weil mangels Arbeitskräfte niemand für den Tag eingeteilt werden kann. In Berlin, der Stadt, in der so viele auf Nebeneinkünfte angewiesen sind. Kurz gesagt: Das ist scheiße.

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Dass es dieses Problem geben könnte, war abzusehen: Schon im Mai hatten sowohl die Tagesschau, als auch der Tagesspiegel darüber berichtet, dass Arbeitnehmer*innen in andere Berufsfelder gewechselt sind und ein Fachkräftemangel droht.

Und tatsächlich ist es so, dass uns sowohl als Anfrage in der Redaktion als auch privat von Freund*innen in den letzten Monaten ständig die Frage gestellt wird, ob man eine Person kennt, die einen Job als Service-, Theken- oder Wasauchimmer-Kraft in der Gastro sucht. Auch die Social-Media-Kanäle sind voll von Aufrufen dieser Art. Und das in Berlin, wo so ziemlich jede*r schon in der Gastro gejobbt hat – bei uns in der Redaktion sind das wirklich alle.

Egal ob es dabei um eine*n Köch*in für ein gehobenes Restaurant, um den Service eines Cafés oder um wöchentlich vielleicht zwei 6-Stunden-Schichten in einer Bar geht: Der Gastro fehlen anscheinend flächendeckend Arbeitskräfte – Aushilfen wie auch Fachpersonal mit entsprechender Ausbildung. Das Problem scheint ein ernsthaftes zu sein – was besagte Anfragen von Gastronom*innen beweisen, von denen wir etwa drei bis vier pro Woche bekommen.

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Laut einer der neuesten Ausgaben des Podcasts "Teller Stories", in dem dieses Thema zur Sprache kommt, sind deutschlandweit 70.000 Jobs in der Gastronomie nicht vergeben – von dem*der Sous Chef*in bis zum*zur Imbissverkäufer*in ist alles mit dabei. Auch bei der Zeit hat man sich vor wenigen Tagen die Frage gestellt, wo bloß die Bedienung bleibt. Die Gastro-Krise nimmt ungeahnte Ausmaße an.

Die Gründe sind immer ähnlicher Natur: Abwanderung durch mangelnde Jobsicherheit während der Pandemie, schlechte Bezahlung, noch schlechtere Arbeitszeiten. Betriebsbekannte Kündigungen gehören dagegen weniger dazu, wie diese Studie der DEHOGA festgestellt hat. Das Problem ist eher branchenabhängig und hausgemacht, wie sich anhand der Gründe schnell feststellen lässt.

Was dagegen schwer fällt, ist, potentielle Lösungen zu finden: Natürlich ist eine faire Bezahlung über dem Mindestlohn ein guter Anreiz, Leute in die Berufssparte zu ziehen  – allerdings auch nur im begrenzten Rahmen und für unqualifizierte Arbeiten. Wohl kaum jemand wird eine anspruchsvolle und zeitintensive Ausbildung als Köch*in beginnen, wenn er*sie anderswo einfachere Arbeit bekommt.

Zumindest bei allem, wo es nicht direkt um Kochkunst geht, also Cafés, Bars & Co. gibt es einen Hoffnungsschimmer am Horizont: Stand jetzt findet ab Mitte Oktober in Berlin wieder Präsenzunterricht in den Universitäten statt, zehntausende Studierende werden dann wieder neu bzw. zurück in die Stadt kommen und auf der Suche nach Nebenjobs sein.

Durch den Jahreszeiten typischen Wechsel von Biergärten und Terrassen in die Innenräume wird das für enorme Entlastung sorgen, das Problem der fehlenden qualifizierten Facharbeiter*innen wird das allerdings nicht lösen – und fehlendes Personal bedeutet eben auch eingeschränkte Öffnungszeiten, weniger Service, weniger Einnahmen.

Kehren wir also noch einmal zur Einleitung und zur Frage, ob die Berliner Gastroszene den Winter unbeschadet übersteht, zurück. Uns geht es da wie euch: Wir wissen es nicht. Wer allerdings monatelange Zwangsschließungen überlebt hat, wird hoffentlich auch diese kleine Krise überstehen – wir Berliner*innen kennen uns schließlich mit kleinen und großen Alltagsproblemen aus. Wir bei Mit Vergnügen setzen uns tagtäglich mit der wunderbaren, vielfältigen Gastroszene dieser Stadt auseinander und hoffen, dass unsere geliebten Restaurants & Bars bald wieder in Bestbesetzung antreten können.



source https://mitvergnuegen.com/2021/gastro-arbeitsplaetze-problem/

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